142
A. Europa.
an der Unfehlbarkeit kirchlicher Lehren schon so allgemein verbreitet waren,
wagte es der Papst Leo X., aus dem Geschlechte der Medici, selbst ein
großer Freund der Künste und Wissenschaften, aber wenig bekannt mit dem
in Deutschland neu erwachten Geiste, einen allgemeinen Ablaß verkündigen
zu lassen, um durch den Ertrag desselben den Bau der Peterskirche in Roin
zu bestreiten. Der Ablaß, in der älteren christlichen Kirche die Erklär
der Kirche, daß Einem die seiner Bergehungen wegen ihm auferlegten
kirchlichen Bußen und Strafen, wegen unzweideutiger Zeichen der Reue und
Besserung, zum Theil erlassen seien: dieser in seiner Reinheit durchaus
untadelige Gebrauch war in einer Reihe von Jahrhunderten endlich dahin
angedeutet worden, daß die Kirche, und als Oberhaupt derselben der Papst,
das Recht habe. Jedem jegliche Sünde zu erlassen, ihn nicht etwa bloß
von den kirchlichen, zeitlichen, sondern auch von den Strafen in einem zu
kiinftigen Leben loszusprechen, und das nicht etwa bei streng geprüfter,
sondern auf eine bloß mündlich ausgesprochene Reue und gegen Erlegung
einer mit der zu erlassenden Sünde verhältnismäßigen Summe Geldes.
Diese bei dem rohen Haufen leicht Eingang findende unerhörte Lehre, wo-
durch schon oft unglaubliche Summen für den römischen Stuhl eingegangen
waren, sollte denn auch diesmal in Deutschland verkündigt werden und ge
rieth noch obenein in die unwürdigsten Hände. Der Cardinal Erzbischof
von Mainz und Magdeburg, Albrecht von Brandenburg, dem selbst ein
bedeutender Antheil an dem Ertrage versprochen war, übertrug die Ber
kündigung des Ablasses den: Dominicanermönch Johann Tezel, welcher,
um seinem Aufträge Ehre zu machen, sich die schamlosesten, wahrhaft
gotteslästerlichen Anpreisungen dieses päpstlichen Ablasses erlaubte. In diesem
Geschäfte kam er auch nach Jüterbogk in die Nähe der 1502 von Friedrich
dem Weisen gestifteten Universität Wittenberg, ans welcher damals Luther
mit ausgezeichnetem Beifall lehrte. Martin Luther, geb. zu Eisleben
am 10. November 1483, und ebendaselbst gest. am 18. Februar 1546, war der
Streng erzogen kam er, nachdem er
in Magdeburg und Eisenach die Schule besucht und als Enrrentschüler
ttimmerlich sein Brod erworben, 1501 auf die Universität Erfurt, und hier
entdeckte er die erste ganze Bibel in der lateinischen Uebersetznng, da ihm
bis dahin, wie so vielen Tausenden, nur die beim Gottesdienst gebräuchlichen
Abschnitte (Perikopen) bekannt getvesen. Dies bestimmte ihn für das
Studium der Theologie, und er trat 1505 in den Augustiner - Orden, wurde
indeß schon 1508 auf den Ruf seiner Gelehrsamkeit als Professor der
Philosophie nach Wittenberg versetzt, wo er 1512 ein Predigtamt annahm
und die Würde eines Doctorö der Theologie erhielt. Sein unablässiges
Studinin der heiligen Schrift hatte ihn mit vielen in der Lehre herrschenden
Mißbräuchen bekannt gemacht, und eine in Ordensangelegenheiten 1510
nach Rom gemachte Reise durch den Anblick des dort herrschenden Sitten
verderbnisses seine hohen Begriffe von der Heiligkeit des päpstlichen Stuhles
gar sehr geschmälert. Mit Uiüvillen vernahm er den in seiner Nähe von
Tezel getriebenen Ablaßkram und schlug dagegen, am denkwürdigen 31. Octoder
1517, an die Thore der Schloßkirche zu Wittenberg jene berühmten 95
Thesen oder Streitsätze, jedoch in lateinischer Sprache, an, wodurch er
zu einem gelehrten Streite aufforderte. Die unbesonnene Wuth seiner
Sohn armer, aber frommer Eltern.
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TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Extrahierte Personennamen: Leo_X. Leo_X. Albrecht_von_Brandenburg Albrecht Dominicanermönch_Johann_Tezel Johann Friedrich Friedrich Martin_Luther
Extrahierte Ortsnamen: Europa Deutschland Deutschland Mainz Magdeburg Wittenberg Magdeburg Eisenach Wittenberg Rom Wittenberg
Vis. Deutschland.
143
Gegner verwandelte diesen allgemein üblichen und ganz bescheiden gemeinten
Schritt in den ersten Keim zu einer Reihe von Untersuchungen und Schriften,
welche durch die Aufmunterung und Theilnahme, welche sie in ganz Europa
fanden, die Veranlassung zur Kirchenverbesserung in Deutschland und vielen
anderen Ländern wurden. Ungestüme Widerlegungen von Seiten einiger
Theologen zu Köln und Ingolstadt führten immer gründlichere und schärfere
Antworten Luther's herbei. Schon hatte der Papst von diesem ihm unbe-
deutend scheinenden Streite Kenntnis; erhalten, und der Cardinal Cajetan
hoffte den unbekannten Mönch, welchen er nach Augsburg berief, leicht zum
Widerruf zu bewegen. Luther forderte Untersuchung und Beweis; nur dann,
wenn er aus der heiligen Schrift des Irrthums überwiesen würde, könne
und wolle er widerrufen. So zerschlug sich diese Unterredung, und ebenso
fruchtlos war der öffentlich zu Leipzig mit Eck, dem Vertheidiger der Papst-
gewalt, gehaltene Streit. Vergebens hatte Luther Bischöfe und Erzbischöfe,
ja den Papst selbst, in demüthigen Schreiben um Untersuchung gebeten und
sich zum Stillschweigen anheischig gemacht, wenn nur auch seine Gegner
schwiegen; er ward vielmehr 1520 in den Bann gethan und seine Schriften
zu Köln und anderen Orten öffentlich verbrannt. Dagegen verbrannte nun
auch der mnthige, unwürdig gemißhandelte Mann am 10. December 1520
Wittenberg die Bannbulle des Papstes und das
päpstlich
öffentlich zu
kanonische Recht; ein Schritt, wodurch
römischen Stuhle unwiderruflich gemacht wurde. Die Umstände waren
seinem Beginnen außerordentlich günstig.
Schritte
die letzten Lebensjahre Max-irmlians, welcher, selbst über die Mißbräuche in
der Kirche erbittert, dem wackeren Luther nicht abgeneigt war; nach dessen
Tode aber beschäftigte die Wahl seines Nachfolgers die Fürsten so sehr,
daß des theologischen Streites darüber leicht vergessen wurde, und Luther's
Landesherr, Friedrich der Weise, Kurfürst von Sachsen, der bis zur neuen
Wahl das Reichsvicariat verwaltete, schätzte den muthigen Kämpfer für Wahr-
heit und Recht, ohne sich gerade für ihn zu erklären. So gewann Luther-
Zeit, seine Einsichten auszubilden und sie in vielen von den Zeitgenossen
mit unglaublicher Begier verschlungenen Schriften darzulegen. In ganz
Deutschland, unter allen Ständen, fand er mnthige Anhänger; der wackere
Ritter Franz von Sickingen bot ihm seinen Schutz an; Ulrich von Hutten
schrieb in dem nämlichen Geiste, und von der Schwei; her kamen ihm die
durch eine ganz .........'
Z
ähnliche Veranlassung geweckten Bemühungen Ulrich
Als aber endlich Karl V. (von Castilien),
Maximilians Enkel, 1519 zum Kaiser erwählt und, um den Papst zu be
friedigen, eine Reichsversammlung 1521 in Worms zusammenberufen: da
erschien auf des Kaisers Befehl und unter dessen sicherem Geleit auch Luther
und vertheidigte unerschrocken seine Lehre; „Ich kann nicht anders, Gott
helfe mir, Amen", sprach er am Schlüsse seiner Rede, in welcher er er-
klärt hatte, daß er nur dann widerrufen würde, wenn man ihn durch klare
Stellen der heiligen Schrift und durch Gründe der Vernunft widerlegte. Seine
geistvolle Kühnheit gewann ihm das Herz vieler Fürsten. Er ward indeß
in die Reichsacht erklärt, und um ihn vor der Wuth seiner Feinde zu
schützen, ließ Kurfürst Friedrich ihn heimlich auf die Wartburg bei Eisenach
bringen, wo er seine Muße dazu anwendete, den Anfang mit seiner Herr-
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Cardinal_Cajetan Friedrich_der_Weise Friedrich Franz_von_Sickingen Franz Ulrich_von_Hutten Ulrich
Als Karl_V. Karl_V. Maximilians Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Europa Deutschland Ingolstadt Wittenberg Sachsen Deutschland Maximilians Worms Wartburg Eisenach
Vii. Deutschland. A. Staaten des Norddeutschen Bundes.
209
Kassel, Erfurt, Leipzig und Berlin sind seit mehreren Jahren vollendet.
Die ehemals blühenden Fabriken, Stärkemacherei und Strumpfstrickerei
sind, besonders letztere, außerordentlich heruntergekommen. Dagegen sind
Rübeuzuckerfabriken in der Umgegend entstanden und bei der Stadt eine
großartige Zuckerraffinerie. Sonst giebt es Lederfabriken, Nudelsabriken rc.
Gegend werden u. a. auch viel Kümmel und Tuchmacherkarden
Die berühmten Leipziger Lerchen werden meistens von den Hallor
gebaut. Die berühmten L
im Stadtgebiete gefangen.
Halle
gleich
namigen Dorfe, die Ruinen der ehemaligen Burg Giebichenstein, welche,
im höchsten Alterthum erbaut, im 12. —15. Jahrh, oft die Residenz der
Erzbischöfe von Magdeburg war und von den Schweden 1636 zerstört
ward. Der Sage nach soll Ludwig der Springer (der Salier), Landgraf
von Thüringen, sich gegen Ende des 11. Jahrh, durch einen Sprung aus
einem Fenster der Burg in die Saale aus der Gefangenschaft gerettet
haben. In der Nähe ist ein Soolbad, Wittekind, entstanden. — Die
Gegend von Halle ist außerordentlich reich an Braunkohlen; auch Stein
kohlen findet man 3—4 Stunden von Halle bei
und bei Löbejün am Fuße des Peter sb erg es (auch Lauterberg,
illous 8vreuus), einer ifolirten, 1120' hohen Porphyrkuppe, auf welcher
schöne Ruinen eines ehemaligen Klosters sich befinden. Die Kirche des Klosters
wurde 1853—1857 vom König Friedrich Wilhelm Iv. wieder hergestellt. Auch
guter Porzellanthon wird in der Gegend von Halle gegraben. Nahe bei Halle
liegt Salz münde mit großarttgen Fabrikanlagen der verschiedensten Art.
Wittenberg, am rechten Ufer der Elbe, über welche hier eine sehr
lange, hölzerne Brücke führt, zählt 13,100 Einw. Diese Wiege der
deutschen Reformation, swo einst Luther lebte und wo er in der jetzt neu
verzierten L-chloßkirche neben Melanchthon ruht, hat die Noth der neuereu
Zeit in eine Hauptfestung verwandelt und die 1502 gestiftete Universität
nach Halle verdrängt. Dagegen ist hier ein Seminar zur Ausbildung
gelehrter Theologen, im Auguslinerkoster, wo Luther lebte, errichtet worden.
Dem großen Reformator ist 1821 eine eherne Statue, welche aus einem
Fußgestelle von Granit ruht und mit einem gothischen Dache von Gußeisen
überbaut ist, theils auf Kosten des Königs, theils von den seit 1806 zu
einem Denttnale Luthers gesammelten Geldern, auf dem Markte vor dem
Rathhause errichtet worden. Auch Melanchthon ist in neuerer Zeit ein
Denkmal gesetzt worden. — Südlich von Wittenberg liegt an der Elbe
der Ort Wartenburg, wo am 3. October 1813 der General Uork den
Uebergang über den Fluß erzwang. — Die starke Festung Torgau, am
linken Elbufer, mit dem Fort Zinna, zählt 11,910 Einw. In der Nähe
siegte Friedrich Ii. 1760. Einige Meilen oberhalb liegt au der Elbe
Mühlberg, wo 1547 Karl V. den Kurfürsten von Sachsen Johann
Friedrich besiegte und gefangen nahm. Oestlich davon aus einer Mulde
Insel die Fabrikstadt Eilenburg, mit 10,400 Einw. — Zwei Stunden
südlich von Halle, am linken User der Saale, liegt
Merseburg, der Sitz der Regierung, mit 12,840 Einw., einem Schlosse
• M . * M A « . « A » ti* k/
Rudolphs
Gegenkaisers Heinrichs I V., und mehrere Gemälde von Lucai
Blaru.'« Haudbuür Ii. die Ausl.
1t
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_der_Springer Ludwig Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Melanchthon Melanchthon Friedrich_Ii Friedrich Karl_V. Karl_V. Johann
Friedrich Johann Friedrich Rudolphs
Gegenkaisers_Heinrichs_I_V. Heinrichs Lucai
Blaru
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Erfurt Leipzig Berlin Burg_Giebichenstein Magdeburg Schweden Lauterberg Wittenberg Luthers Wittenberg Wartenburg Elbe
Mühlberg Sachsen Merseburg
42
A. Europa.
war diese bewundernswürdige Erfindung nicht 'allein bedeutend
vervollkommnet, sondern auch schon durch deutsche Arbeiter in
Frankreich und Italien verbreiteit.
In dieser durch bedeutende Gelehrte und allgemein wieder
erwachte Liebe für gründliche Wissenschaftlichkeit ausgezeichneten
Zeit, in einer Zeit, wo der Unwille über die Mißbrauche der hier-
archischen Gewalt und Zweifel an der Unfehlbarkeit kirchlicher
Lehren schon so allgemein verbreitet waren, wagte es der Papst
Leo X., aus dem Geschlechte der Medici, selbst ein großer Freund
der Künste und Wissenschaften, aber wenig bekannt mit dem in
Deutschland neu erwachten Geiste, einen allgemeinen Ablaß ver-
kündigen zu lassen, um durch den Ertrag desselben den Bau der
Peterskirche in Rom zu bestreiten. Der Ablaß, in der ältern
christlichen Kirche die Erklärung der Kirche, daß einem die seiner
Vergehungen wegen ihm auferlegten kirchlichen Bußen und Stra-
fen, wegen unzweideutiger Zeichen der Reue und Besserung, zum
Theil erlassen seyen: dieser durchaus untadelige Gebrauch war in
einer Reihe von Jahrhunderten endlich dahin umgedeutet worden,
daß die Kirche, und als Oberhaupt derselben der Papst, das Recht
habe, Jedem jegliche Sünde zu erlassen, ihn nicht etwa blos von
den kirchlichen, zeitlichen, sondern auch von den Strafen in einem
zukünftigen Leben loszusprechen, und das nicht etwa bei streng
geprüfter, sondern auf eine blos mündlich ausgesprochene Reue
und gegen Erlegung einer mit der zu erlassenden Sünde verhält-
nißmäßigen Summe Geldes. Diese bei dem rohen Haufen leicht
Eingang findende unerhörte Lehre, wodurch schon oft unglaub-
liche Summen für den römischen Stuhl eingegangen waren, sollte
denn auch diesmal in Deutschland verkündigt werden, und gerieth
noch obenein in die unwürdigsten Hände.' Der Cardinal Erzbischof
von Mainz und Magdeburg, Albrecht von Brandenburg, dem
selbst ein bedeutender Antheil an dem Ertrage versprochen war,
übertrug die Verkündigung des Ablasses dem Dominicanermönch
Johann Tezel, welcher, um seinem Aufträge Ehre zu machen,
sich die schaamlosesten, wahrhaft gotteslästerlichen Anpreisungen
dieses päpstlichen Ablasses erlaubte. In diesem Geschäfte kam er
auch nach Iüterbock in die Nähe der 1502 von Friedrich dem Wei-
sen gestifteten Universität Wittenberg, auf welcher damals Luther
mit ausgezeichnetem Beifall lehrte. Martin Luther, geboren
zu Eisleben, lo.nov. 1483, und eben daselbst gestorben, 18. Febr.
1546, war der Sohn armer aber frommer Eltern. Streng
und ärmlich erzogen kam er, nachdem er in Magdeburg und Eise-
nach die Schule besucht und als Currentschüler kümmerlich sein
Brodt erworben, 1501 auf die Universität Erfurt, und hier ent-
deckte er die erste ganze Bibel, in der lateinischen Uebersetzung,
da ihm bis dahin, wie so vielen Tausenden, nur die beim Gottes-
dienst gebräuchlichen Abschnitte (Perikopen) bekannt gewesen.
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Extrahierte Personennamen: Leo_X. Leo_X. Albrecht_von_Brandenburg Albrecht Johann Friedrich_dem_Wei- Friedrich Martin_Luther
Extrahierte Ortsnamen: Europa Frankreich Italien Deutschland Rom Deutschland Mainz Magdeburg Wittenberg Eisleben Magdeburg
44
A. Europa.
tes darüber leicht vergessen wurde, und Luthers Landesherr, Frie-
drich der Weise, Kurfürst von Sachsen, der bis zur neuen Wahl
das Reichsvicariat verwaltete, schätzte den muthigen Kämpfer für
Wahrheit und Recht, ohne sich gerade für ihn zu erklären. So
gewann Luther Zeit, seine Einsichten auszubilden und sie in vielen
von den Zeitgenossen mit unglaublicher Begier verschlungenen
Schriften darzulegen. In ganz Deutschland, unter allen Stän-
den, fand er muthige Anhänger; der wackere Ritter Franz v.
Sickingen bot ihm seinen Schutz an; Ulrich v. Hutten schrieb in
dem nemlichen Geiste, und von der Schweiz her kamen ihm die
durch eine ganz ähnliche Veranlassung geweckten Bemühungen
Zwingli's kräftig entgegen. Als aber endlich Carl V., Maximi-
lians Enkel, zum Kaiser erwählt, und um den Papst zu befrie-
digen eine Reichsversammlung 1521 in Worms zusammenberufen:
da erschien auf des Kaisers Befehl und unter dessen sicherm Geleit
auch Luther, und vertheidigte unerschrocken seine Lehre. Seine
geistvolle Kühnheit gewann ihm das Herz vieler Fürsten. Er
ward indeß in die Reichsacht erklärt, und um ihn vor der Wuth
seiner Feinde zu schützen, ließ Kurfürst Friedrich ihn heimlich auf
die Wartburg bei Eisenach bringen, wo er seine Muße dazu an-
wendete, den Anfang mit seiner herrlichen Uebersetzung der h.
Schrift zu machen. Doch nicht lange blieb er dort; Unordnungen,
welche Schwärmer anzustiften drohten, riefen ihn bald nach Wit-
tenberg zurück, und die großen Kriege Carls V. mit Franz I. von
Frankreich hinderten auch den Kaiser, die gegen Luther erlassenen
Befehle mit Nachdruck auszuführen. Unaufhaltsam verbreiteten
sich die neuen Ansichten; viele Fürsten in Deutschland, Johann,
Friedrichs Nachfolger und Kurfürst von Sachsen, Philipp Land-
graf von Hessen und andre, viele Städte bekannten sich zur evan-
gelischen Lehre, welche um eben die Zeit in Schweden und in
Preußen angenommen ward. Ueberall wurde der Gottesdienst
nach evangelischen Grundsätzen angeordnet; die Klöster leerten sich
und wurden aufgehoben; Luther selbst warf 1524 das Mönchs-
kleid von sich und trat 1525 in die Ehe mit Catharina von Bora,
einer gewesenen Klofterjungfrau. Die Fortschritte der Reforma-
tion reizten den Unwillen der andersdenkenden Fürsten, und gegen
die harten Beschlüsse des Reichstags zu Speier 1529 mußten die
evangelisch gesinnten Fürsten und Städte laut proteftiren; daher der
Name Protestanten. Auf dem Reichstage zu Augsburg end-
lich 1530 übergaben diese letzteren das von Melanchthon, dem
gelehrten und milden Freunde Luthers, angefertigte Glaubensbe-
kenntniß, oder die sogenante Augsburger Confession,
welche aber bei dem Kaiser und den katholischen Fürsten keinen
Eingang fand. Zu ihrer Sicherheit, und von den gewaltsamen
Absichten des Kaisersund ihrer Gegenpartei unterrichtet, schlossen
die protestantischen Fürsten 1536 zu Schmalkalden ein Vertheidi-
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TM Hauptwörter (200): [T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land]]
Extrahierte Personennamen: Franz_v Franz Ulrich_v Carl_V. Friedrich Friedrich Carls_V. Franz_I._von
Frankreich Franz_I. Johann Johann Friedrichs Philipp_Land- Philipp Catharina_von_Bora Melanchthon
Extrahierte Ortsnamen: Europa Sachsen Deutschland Worms Wartburg Eisenach Deutschland Friedrichs Sachsen Hessen Schweden Luthers
43
Vil. Deutschland.
Dies bestimmte ihn für das Studium der Theologie, und er trat
1505 in den Augustinerorden, wurde indeß schon 1508, auf den
Ruf seiner Gelehrsamkeit, als Professor der Philosophie nach Wit-
tenberg versetzt; wo er 1512 ein Predigtamt annahm und die
Würde eines Doetors der Theologie erhielt. Sein unablässiges
Studium der h. Schrift hatte ihn mit vielen in der Lehre herrschen-
den Mißbräuchen bekannt gemacht, und eine in Ordensangelegen-
heiten 1510 nach Nom gemachte Reise, durch den Anblick des
dort herrschenden Sittenverderbnisses, seine hohen Begriffe von
der Heiligkeit des päpstlichen Stuhles gar sehr geschmählert. Mit
Unwillen vernahm er den in seiner Nähe von Tezel getriebenen
Ablaßkram, und schlug dagegen, am denkwürdigen 31. Octobec
1517, an die Thore der Schloßkirche zu Wittenberg jene berühm-
ten 95 Thesen oder Streitsatze, jedoch in lateinischer Sprache,
an, wodurch er zu einem gelehrten Streite aufforderte. Die un-
besonnene Wuth seiner Gegner verwandelte diesen allgemein üb-
lichen und ganz bescheiden gemeinten Schritt in den ersten Keim
zu einer Reihe von Untersuchungen und Schriften, welche durch
die Aufmunterung und Theilnahme, welche sie in ganz Europa
fanden, die Veranlassung zur Kirchenverbesserung in Deutschland
und vielen andern Ländern wurden. Ungestüme Widerlegungen
von Seiten einiger Theologen zu Cöln und Ingolstadt, führten
immer gründlichere und schärfere Antworten Luthers herbei.
Schon hatte der Papst von diesem ihm unbedeutend scheinenden
Streite Kenntniß erhalten, und der Cardinal Cajetan hoffte den
unbekannten Mönch, welchen er nach Augsburg berief, leicht zum
Widerruf zu bewegen. Luther forderte Untersuchung und Be-
weis; nur dann, wenn er aus der h. Schrift des Irrthums über-
wiesen würde, könne und wolle er widerrufen. So zerschlug sich
diese Unterredung, und eben so fruchtlos war der öffentlich zu
Leipzig mit Eck, dem Vertheidiger der Papstgewalt, gehaltene
Streit. Vergebens hatte Luther Bischöfe und Erzbischöfe, ja den
Papst selbst, in demüthigen Schreiben um Untersuchung gebeten
und sich zum Stillschweigen anheischig gemacht, wenn nur auch
seine Gegner schwiegen; er ward vielmehr 1520 in den Bann ge-
than und seine Schriften zu Cöln und andern Orten öffentlich ver-
brannt. Dagegen verbrannte nun auch der muthige, unwürdig
gemißhandelte Mann am 10. Dez. 1520 öffentlich zu Wittenberg
die Bannbulle des Papstes und das päpstlich kanonische Recht; ein
Schritt, wodurch nun erst die Trennung von dem römischen
Stuhle unwiederbringlich gemacht wurde. Die Umstände waren
seinem Beginnen außerordentlich günstig. Seine ersten Schritte
fielen in die letzten Lebensjahre Maximilians, welcher selbst über
die Mißbräuche in der Kirche erbittert, dem wackern Luther nicht
abgeneigt war; nach seinem Tode aber beschäftigte die Wahl sei-
nes Nachfolgers die Fürsten so sehr, daß des theologischen Strei-
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T161: [Luther Wittenberg Jahr Martin Freund Wartburg Universität Melanchthon Kurfürst Worms], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T77: [Papst Bischof Kaiser Rom Kirche König Heinrich Erzbischof Gregor Papste], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]